Es sind unterschiedliche Aussagen, die aktuell im Markt zu finden sind: Einerseits gehen die Zulassungszahlen nach oben und der Pkw-Bestand wächst weiter, andererseits zeichnet bspw. das Handelsblatt unter Bezug auf eine Studie der Dekra, durchgeführt vom Institut für Automobilwirtschaft, ein düsteres Bild für die automobile Händlerbranche. Klar ist zumindest, dass ein Wandel ansteht und sich Automobilhändler neu erfinden müssen.
Bereich: Automotive
Sieht man von aktuellen, aber hoffentlich temporären Lieferproblemen aufgrund sich verzögernder Umweltprüfungen ab – die der Händlerlandschaft echte Sorgen bereiten – wird klar, dass Automobilhändler unter Druck geraten werden. Zahlreiche Entwicklungen treffen hier aufeinander, die allesamt auf einen notwendigen Wandel hindeuten.
Vier Trends setzen dem Autohandel zu
Internet: Das Internet hat bereits zahlreiche Branchen dramatisch verändert. Alleine die Abwanderung der Kunden in das Internet hat etablierte Händler an den Rand des Ruins und darüber hinausgebracht. Auch im Neuwagengeschäft und im Gebrauchtwagenmarkt wird das Internet zu Veränderungen führen. Vorteilhaft für die etablierte Handelslandschaft ist, dass die Automobilhersteller die Verkaufskanäle einigermaßen kontrollieren können und man ein Auto nicht mal eben schnell verschicken (und zurückschicken) kann. Es ist aber erkennbar, dass das Internet auch den Autohandel nachhaltig beeinflussen wird: Preistransparenz und einfachere Verhandlungsmöglichkeiten sowie breite Auswahl per Knopfdruck werden den Informations- und Kaufakt stetig Richtung Internet bewegen.
Veränderung von Einstellungen: Jüngere Menschen interessieren sich zunehmend weniger für Automobile. Aktuell hat der typische Neuwagenkäufer schon ein gediegenes Alter erreicht und wird auch weiter Neuwagen kaufen. Allerdings gibt es von dieser Sorte Käufer immer weniger, da mit dieser Einstellung nicht genügend Käufer „nachwachsen“. Jüngere Menschen müssen sich, trotz Digitalisierung, natürlich auch fortbewegen. Sie werden das aber immer weniger mit dem eigenen Auto machen. Die Automobilhersteller reagieren darauf u.a. mit Car-Sharing-Angeboten und werden in dieser Richtung weitere Angebote bereitstellen müssen. Für den klassischen Automobilhändler gibt es da aber erst wieder beim Service Platz, und auch zur Erbringung dieses Service scheint eine Struktur mit vielen kleinen Händlern nicht optimal. Während die veränderten Einstellungen der Menschen die Autokäufe zurück gehen lässt, beschleunigen die Automobilhersteller, notgedrungen, diesen Trend durch Mobility-as-a-Service-Angebote.
E-Autos: Elektrische Autos sind aktuell in aller Munde. Noch ist nicht vollkommen klar, ob sie sich wirklich durchsetzen. Aktuell spricht aber mehr dafür als dagegen. Mit den elektrischen Autos werden die Fahrzeuge einfacher, ganze Komponenten fallen weg. Mit der Einfachheit kommen eine geringere Fehleranfälligkeit und weniger Servicebedarf. Dies mag aktuell noch nicht erkennbar sein; mit zunehmender Produktions- und auch Serviceerfahrung wird sich Qualität aber in diese Richtung bewegen. Weniger Wartung und Service bedeuten weniger After-Sales-Geschäft und weniger direkte Kundenkontakte. Auch dieser Trend wird die Automobilhändler langfristig treffen.
Alternative Marktbearbeitung: Automobilhersteller wie Tesla und die in den Startlöchern stehenden Lynx und Borgward denken es vor: Braucht man für die erfolgreiche Marktbearbeitung wirklich ein Netz aus regionalen, gebundenen Händlern mit entsprechendem Originalservice? Neue Player im Markt würden viel zu lange brauchen, um flächendeckend präsent zu sein und suchen sich Alternativen. Der Verkauf bei Tesla erfolgt u.a. über wenige Showrooms in Großstädten, die Wartung vorrangig über das Internet und mobile Servicepartner, für echte Reparaturen gibt es wenige, sehr spezialisierte Händler bzw. gebundene Werkstätten. Lynx dagegen, die Luxustochter von Geely, plant nur eigene Händler sowie Showrooms an zentralen Plätzen und kaum oder gar keinen Originalservice (OES), sondern setzt vermutlich voll auf den unabhängigen Aftermarkt in Form der großen unabhängigen Werkstattketten. Gelingen diese alternativen Formen der Marktbearbeitung, werden sich auch die etablierten OEM Gedanken machen, welche Bedeutung eine derart flexible Marktbearbeitung haben kann. Auch von dieser Seite kann damit die automobile Händlerlandschaft unter Druck kommen.
Welche Möglichkeiten haben Autohändler?
Somit gibt es zahlreiche Gründe, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Die aufgezeigten Trends werden nicht sofort alle Regeln des vertrauten Automobilhandels verändern, aber die Veränderungen werden Schritt für Schritt kommen. Autohändler sollten sich also ihrer Optionen klar sein und die ersten Schritte gehen. Aber welche Möglichkeiten haben Händler?
Speziell für Autohändler bieten wir kompakte Workshops an, um die individuelle Ausgangslage und Ihre Möglichkeiten genauer zu diskutieren. Dabei zeigen wir erste Lösungen auf und können mit Ihnen gemeinsam erste Maßnahmenpläne erarbeiten.
Sprechen Sie uns an: J Justus Schneider | Tel: +49 (0)30 4005 490 | request@globis-consulting.com
Da klar ist, das Mobilität und Autos auch in Zukunft benötigt werden, gilt es zumindest dem direkten Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein. Als Markenhändler steht man meist im Wettbewerb mit Autohändlern anderer Marken im direkten Umfeld. Hier gilt es, früher und schneller bei potentiellen Kunden vorstellig zu sein und diese schon frühzeitig für das eigene Autohaus und die eigenen Autos zu begeistern. Die persönliche Beziehung spielt auch weiterhin noch eine große Rolle, wohingegen die Markentreue weiter abnehmen dürfte.
Beim Neuwagenverkauf im Internet gilt es, Erfahrungen zu sammeln und diesen nicht komplett außer Acht zu lassen. Dieser Verkaufskanal wird stärker werden und stationäre Automobilhändler werden sich diesem Trend nicht verschließen können.
Wenn das Produkt selbst weniger zieht, müssen man sich Gedanken über zusätzliche Services machen: Entweder als „Line-Extensions“ oder als komplette neue, ergänzende Geschäftsmodelle. Mobilität wird immer ein Thema bleiben und Autohändler sind besonders nach an den Kunden dran und können besser und direkter auf deren Bedürfnisse reagieren.
Schließlich gilt: Wer sich den Neuerungen nicht verschließt und als Händler die Automarke gut vertritt, werden die Hersteller auch langfristig ein starker Interesse an einer engen und vertrauensvollen Partnerschaft haben.