Die Planung internationaler Mystery Shopping Studien gleicht oftmals einem Spagat: Auf der einen Seite ist das berechtigte Interesse des Kunden, möglichst alle Länder mit Hilfe von identischen Scorings auf einen Blick vergleichen zu können. Auf der anderen Seite stehen die kulturellen Besonderheiten der einzelnen Märkte und die Frage: Messe ich mit meiner Fragestellung in verschiedenen Ländern das Gleiche und sind die Ergebnisse überhaupt untereinander vergleichbar?

Cultural Mapping

Dass sich Begrüßungen von Land zu Land unterscheiden, ist den meisten bekannt. Darüber hinaus gibt es aber noch zahlreiche weitere kulturellen Variablen, die wichtig sind, um die Qualität eines Verkaufsgesprächs beurteilen zu können. Zu nennen wären z.B.

  • Information: „Ich möchte im Gespräch möglichst viele Fakten und Informationen erhalten. Der Verkäufer soll sein Wissen mal zeigen“ vs. „Wichtiger als Informationen ist für mich, dass der Verkäufer zu mir eine Beziehung herstellt“.
  • Zeit: „Ich erwarte, dass der Verkäufer sich viel Zeit für mich nimmt“ vs. „Zeit ist Geld. Das Gespräch soll nicht länger dauern als unbedingt notwendig“.
  • Termintreue: „Termin ist Termin. Mich warten zu lassen ist nicht akzeptabel“ vs. „Ein Termin ist nur eine ungefähre Angabe. Da verschiebt sich eigentlich immer was. Das ist ok“.
  • Dialog: „Der Verkäufer soll einfach nur auf meine Fragen eingehen.“ vs. „Mir ist ein Dialog wichtig, bei dem beide Seiten Fragen stellen.“
  • Kaufentscheidung: „Die Kaufentscheidung treffe ich als Käufer allein“ vs. „Die Kaufentscheidung tritt die ganz Familie gemeinsam“.

Je nachdem, wie diese Variablen in einem Land ausgeprägt sind, ergeben sich ganz unterschiedliche „Standard-Versionen für Verkaufsgespräche“.

Generell gibt auf der einen Seite die „kühlen Planer“, die faktenbezogen Entscheidungen treffen (z.B. deutschsprachiger Raum) und auf der anderen Seite die emotionalen impulsiven Entscheider, die einen hohen Gesprächsbedarf haben (z.B. im Südamerikanischen Raum). Gute Zuhörerqualitäten, Höflichkeit sowie Kompromissbereitschaft führen dagegen im asiatischen Raum eher zu einem Geschäftsabschluss.

Neben diesem rein kulturellen Besonderheit sind zusätzlich besondere Gegebenheiten des Marktes zu berücksichtigen. Es gibt Länder in denen es z.B. ab einer bestimmten Fahrzeugklasse absolut unüblich ist, dass der Käufer selbst den Händler aufsucht. Es wird erwartet, dass der Händler das Fahrzeug zum Kunden bringt. Ein Fragebogen, der dies nicht berücksichtigt, wird nur wenig Erkenntnis bringen.
Darüber hinaus muss es sich bei den Testkunden entsprechend um Echtkunden handeln – eine ganz spezielle Anforderung für die Agentur.
Wenn der Kunde in Dubai gefragt werden soll, wie wichtig ihm Winterreifen und ein Regensensor sind, so führt dies bestenfalls zu Heiterkeit. Im schlimmsten Fall, wird der lokale Vertriebspartner die Glaubwürdigkeit der Studie stark bezweifeln.

Zentrale Erfolgsfaktoren


Für uns haben sich drei zentrale Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung internationaler Projekte herauskristallisiert:

  • Lokales Wissen nutzen: Bereits während der Set-up Phase gilt es, das Wissen der lokalen Supervisoren und Agenturen zu nutzen. Sie sind die Experten für Ihren Markt und können Hinweise zu marktunüblichen Fragestellungen geben. Idealerweise bezieht auch der Kunde die lokalen Vertriebsorganisationen in der Abstimmungsphase ein.
  • Design der Erhebungsunterlagen: Den Testern muss die Möglichkeit gegeben werden zu kommentieren, damit die Ergebnisse richtig interpretiert werden können und Optimierungspotenziale genutzt werden können. Bei der Frage „Hat der Verkäufer Ihnen etwas zu trinken angeboten?“ erzielte ein Kunde in Japan z.B. stets die volle Punktzahl. Die Auswertung der Kommentare ergab jedoch, dass die Kunden selbst überhaupt nicht zufrieden waren, da z.B. nur eine Sorte Tee angeboten wurde und nicht mehrere Sorten.
    Auf der anderen Seite sind z.B. auch die Briefings für die Testkunden anzupassen. Lange Briefings mit vielen Seiten Text werden in vielen Ländern nicht zum Erfolg führen. Besser sind kürzere und illustrierte Briefings. Es ist in Ordnung, wenn sich die Materialien von Land zu Land unterscheiden.
  • Interpretation der Ergebnisse:  Nehmen wir als Beispiel dem Punkt, ob der Verkäufer es geschafft hat, im Laufe des Verkaufsgesprächs eine Beziehung zum Kunden herzustellen. In einem reinen Ranking liegen die Ergebnisse für Finnland und den Mittleren Osten in unserem Beispiel fast gleichauf – mit einem sehr niedrigen Wert. Heißt dies aber auch, dass der Handlungsbedarf in beiden Ländern gleich stark ist? Wir haben in einem nächsten Schritt berechnet, wie hoch der Einfluss dieser Variable auf die Gesamtzufriedenheit ist: Für Finnland ist diese sehr niedrig und für den Mittleren Osten eher hoch. Diese Erkenntnis deckt sich mit dem beschriebenen Cultural Mapping für diese Märkte. D.h. obwohl für diese Frage nahezu identische Werte erzielt wurden, wäre die Schlussfolgerung, dass das Ergebnis für Finnland in Ordnung ist. Es wird gar nicht erwartet, dass der Verkäufer eine Beziehung herstellt. Für den Mittleren Osten besteht dagegen akuter Handlungsbedarf.

An dieser Stelle sehen wir es als unsere Aufgabe an, unsere Kunden bei der Interpretation der Ergebnisse zu unterstützen und die Gewichtung bei den Scorings ggf. entsprechend anzupassen.

Globis Consulting hat eigene Panels in ganz Europa und Middle East. Darüber hinaus arbeiten wir weltweit mit einem eingespielten Team von lokalen Agenturen zusammen. Wir führen seit 20 Jahren internationale Projekte für unsere Kunden durch und beraten Sie gern.